Xxiv. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges. 553
lich um den Gewinn betrogen zu werden. Es war der schon ge-
nannte Bernhard von Weimar, der länderlose Fürst, der durchaus
sich ein Herzogthum erkämpfen wollte, sei es mit evangelischer, sei es
mit katholischer Hülfe. Durch Gustav Adolf'stod und die Nieder-
lage von Nördlingen war ihm sein erträumtes Herzogthum Franken
verloren gegangen, jetzt wollte er unter französischem Schutz das El-
saß gewinnen. Er gewann es und starb, wie er selbst meinte, an
französischem Gift. Das Elsaß aber behielten hohnlachend die Fran-
zosen bis auf diesen Tag. Desto fester schaarten sich die Deutschen,
auch die Protestanten, um ihren Kaiser. Ehe er starb (1637), hatten
sie ihm seinen Sohn Ferdinand 11!. einmüthig zum Nachfolger er-
wählt. Und wie gern hätte der neue Kaiser seinen Verbündeten und
seinen Unterthanen den Frieden wiedergegeben. Aber was einmal
versehen war, ließ sich jetzt so leicht nicht wieder gut machen. Deutsch-
land und auch die kaiserlichen Erblande mußten den ganzen tiefen
Kelch des Leidens ausleeren, den der Herr ihnen ob ihrer schmachvol-
len selbstsüchtigen Zerrissenheit eingeschenkt hatte. Erst jetzt begannen
die Fremden recht mit ihrer ganzen Rohheit, mit viehischer Gemein-
heit und teuflischer Grausamkeit im deutschen Reich und in des Kai-
sers Landen zu schalten. Ein schwedischer General löste den andern
ab, aber alle waren sie sich gleich in dem erbarmungslosen Frevel-
muth, mit welchem sie jeden Winkel Deutschlands durchplünderten,
verheerten und gänzlich zu Grunde richteten. So Ban er in Sachsen
und Böhmen, Torstenson vor Wien und in Holstein, Wränge!
und Königsmark in Böhmen und am Lech — es ist eine trostlose
Jammergeschichte, so unser edles deutsches Vaterland von den zermal-
menden Fußtritten dieser fremden Horden, von einem Ende bis zum
andern in Grund und Boden getreten zu sehen. Und ihnen zu Hülfe
kamen voll Freude über das herrliche Gelingen ihrer heimtückischen
Pläne die Franzosen unter Guebriant, Turenne und Enghien.
Wie haben sie die Pfalz und Schwaben verheert, wie haben sie den
Kurfürsten von Bayern geängstigt! Er, einer der vornehmsten Mit-
urheber des Krieges, mußte am Ende desselben noch die Hefen aus-
trinken, und in seinem hohen Alter noch als länderloser Flüchtling
umherirren, ehe endlich, endlich das „süße Fried- und Freudenwort"
erscholl.
Aber welch ein Friede! Wie erniedrigend für unser Vaterland, wie
unheilvoll für die Zukunft. Das war noch bei Weitem nicht das
Schlimmste, daß Schweden nun doch einen Theil der Ostseeländer, ja
auch der Nordseeländer (wenn auch unter kaiserlicher Oberhoheit) er-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Weimar Gustav_Adolf'stod Gustav Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Sachsen Wien Holstein Schweden
Xxiv. §.11. Das Ende der Gegenreformationen rc.
555
genen Blicken ein neuer Hoffnungsstern für Deutschlands Zukunft
auf. In Brandenburg war 1640 der große Hohenzoller Friedrich
Wilhelm hervorgetreten, den man mit Recht den großen Kurfürst
genannt hat. Er fand sein Kurfürstenthum in einem Zustande, daß
es fast unmöglich schien, dies ausgemergelte, bis auf den letzten Tropfen
ausgesogene, aller seiner Reichthümer und der Hälfte seiner Bewohner
beraubte Land noch wieder zu einem wirthlichen und mächtigen Reichs-
gebiet zu machen. Friedrich Wilhelm übernahm diese Aufgabe
und hat ste durchgeführt. Er begann mit der Bildung eines eignen
festbesoldeten, wohlgeschulten Heeres, welches den Schweden wie den
Kaiserlichen, die in gleichem Frevelmuth im Brandenburgischen zu Hausen
pflegten, Achtung gebot. Dann schloß er einen Waffenstillstand mit
den Schweden und brachte, während die übrigen deutschen Länder noch
unter der blutigen Geißel des Krieges seufzten, allmälig Ruhe und
Ordnung in sein zerrüttetes Land zurück. Er wußte Ostpreußen,
welches er noch von Polen zu Lehen trug, in ein unabhängiges Besitz,
thum zu verwandeln und verband es mit Brandenburg und mit Ven
westlichen Provinzen Cleve, Mark und Ravensberg, sammt den im osna-
brückschen Frieden gewonnenen Stiftern Minden, Halberstadt und Mag-
deburg nebst Hinterpommern durch weise Einrichtungen zu einem
Staatsganzen, welches allmälig zu dem Ansehen und der Selbständig-
keit einer europäischen Großmacht sich entwickeln sollte. Kraft, Frische,
Gedeihen, Erneuerung des Wohlstandes, eine Achtung gebietende
Macht zu Lande und zur See, das Alles finden wir in Friedrich
Wilhelm's Gebieten, wie sonst nach dem dreißigjährigen Kriege in
keinem deutschen Lande weiter. Er ist aber nicht bloß der Gründer
der preußischen Größe, sondern auch der Wiederhersteller deutscher
Ehre. Denn er war der einzige und der erste deutsche Fürst, welcher
den übermüthigen Schweden und Franzosen wieder nachdrückliche Be-
weise deutscher Tapferkeit und Kriegsüberlegenheit gab, so am Rhein,
so in Polen, vor Warschau, ganz absonderlich aber in der ruhmreichen
Schlacht bei Fehrbellin 1675.
§. 11. Das Ende der Gegenreformationen und der re-
ligiösen Bedrückungen.
Der dreißigjährige Krieg, sahen wir, war keineswegs ausschließlich
oder auch nur vorzugsweise ein Religionskrieg gewesen. Eben so sehr,
ja mehr noch war er von allem Anfang an ein Kampf um die kai-
serliche Macht, dann ein Kampf um den schwedischen Einfluß, endlich
ein ganz gewöhnlicher Räuberkrieg, wo es sich um Nichts weiter han-
delte, als dem Feinde einen Strich Land abzugewinnen. Schon gleich
anfangs, mehr noch gegen das Ende hin dienten im kaiserlich wallen-
steinischen Heer ebensoviel Protestanten, wie im mansfeldischen und
anhaltischen Heerhaufen Katholiken. Nach Gustav Adolf's Tode
wurde das wilde Durcheinander noch allgemeiner und ärgerlicher,
am Ende kam's so weit, daß in den meisten Gefechten Katholiken auf
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich
Wilhelm's Friedrich Gustav_Adolf's Gustav
546 Xxiv. §. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618.
lieben Truppen mit Waffengewalt zurückgedrängt, ja Wien ward an-
gegriffen, und fast schien es um Ferdinand geschehen. Aber infer-
dinand, der soeben nach dem Ableben des Matthias von allen östrei-
chischen Erblanden Besitz ergriffen hatte und nun auch zum deutschen
Kaiser erwählt ward (1519), wohnte ein starker, durch Nichts zu erschüt-
ternder Glaubensmuth. Er war so völlig von dem Recht und der
Gottgefälligkeit seiner katholischen Maßnahmen überzeugt, daß er auch
in den schwierigsten Lagen an der felsenfesten Ueberzeugung sesthielt,
daß Gott ihm dennoch zum Siege verhelfen würde. Es dauerte auch
nicht lange, so konnte er wieder siegreich in Böhmen eindringen;
und der unkluge Schritt, den jetzt die Böhmen thaten, daß sie näm-
lich den jungen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zu ihrem
König erwählten, gereichte ihnen selber zum Verderben. Denn nun
erhob sich an der Spitze der katholischen Liga, und von Ferdinand
durch große Versprechungen gewonnen, der kluge, thatkrästige und erz-
katholische Herzog von Bayern, Marimilian, schnitt dem unglück-
lichen Friedrich alle Aussicht auf Hülfe von seinen Glaubensgenos-
sen ab, und schlug ihn dann unter den Mauern Prag's (1620) in
einer kurzen, aber entscheidenden Schlacht so gründlich, daß der rath-
lose Böhmenkönig eilends aus seinem Lande entfliehen und als ein
Geächteter lebenslang in der Fremde umherirren mußte. Böhmen
aber fiel jetzt wieder in die Hand Ferdinand's, und die Protestan-
ten kannten ihn hinlänglich, um zu wissen, was ihrer harre. Was
flüchten konnte, floh, aber die große Masse mußte doch Zurückbleiben.
Anfangs schien Ferdinand noch keineswegs zum Aeußersten entschlos-
sen. Nur den durch den pfälzischen Friedrich in's Land gebrachten
Calvinismus wollte er ausrotten, aber die lutherischen Gemeinden
bestehen lassen. Die Jesuiten aber, der kaiserliche Beichtvater und
der päpstliche Nuntius wären damit nicht zufrieden gewesen. Halb
gegen den Willen des Kaisers setzten sie es durch, daß auch die lu-
therischen Prediger aus Böhmen vertrieben wurden. Statt ihrer füll-
ten Schaaren von Dominicanern, Augustinern, Karmelitern und Je-
suiten das Land und die Kanzeln. Wie schnell war jede Spur des
evangelischen Gottesdienstes aus Böhmen vertilgt. Noch hätte Kaiser
Ferdinand gewünscht, wenigstens die alten hussitischen Privi-
legien aufrecht zu erhalten, die Austheilung des Laienkelchs beim
Abendmahl zu gestatten. Aber bei den römischen Vorkämpfern galten
keine Rücksichten. Die Messe mußte aller Orten wieder nach römi-
scher Weise gehalten werden, jedes Andenken an Huß wurde sorg-
fältig ausgelöscht. Und wie in Böhmen, so ging es in Schlesien, in
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Matthias Friedrich_V. Friedrich_V. Ferdinand Ferdinand Friedrich Friedrich Ferdinand Friedrich Friedrich Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Wien Bayern Marimilian Schlesien
548 Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630—32.
sich her in die niederdeutschen Gebiete gezogen hätten. Christian
von Anhalt, Christian von Braunschweig und Halberstadt, der Graf
von Mansfeld, der Markgraf von Baden, die sind es, welche zuerst die
Greuel des dreißigjährigen Krieges herbeigeführt. Mansfeld stellte
zuerst den Grundsatz auf, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse,
und gab das Beispiel zu jenen gräßlichen Räubereien und Brand-
schatzungen, durch welche solch unsägliches Elend über Deutschland ge-
bracht ist. Die Gewaltthaten und Zügellosigkeiten des halberstädtischen
Christian in Niedersachsen und Westphalen, wo noch gar keine Ver-
anlassung zum Kriege vorlag, zeigten dem katholischen Heere den Weg
in die nördlichen Landschaften. Nachdem der ligistische Feldherr Tilly
den Markgraf von Baden zur Ruhe gebracht, den Mansfeld über
den Main hin vor sich hergejagt, erschien er mit seinem katholischen
Heer an den niedersächstschen Grenzen. Mansfeld und Christian
waren nach den Niederlanden entwichen, und wären sie nur da geblie-
den! Aber in unseliger Fehdelust, von dem hinterlistigen Frankreich,
welches Oestreich schwächen wollte, aufgereizt, mit niederländischem Gelde
versehen, brachen sie mit ihren wilden Räuberschaaren wieder in's Ost-
friesische und Westphälische hinein, so daß selbst die protestantischen
Stände sich gegen sie zur Wehre setzen mußten. Und nun zum Ueber-
stuß kam auch der dänische König, ebenfalls von den Franzosen be-
trogen, in's deutsche Reich hereingerückt, ward aber von Tilly bei
Lutter am Barenberge gänzlich geschlagen (1626). Nun verwandelte
sich aber die bisherige Vertheidigung der Katholiken erst recht in einen
Angriffskrieg; nun stellte auch der Kaiser unter dem dämonischen
Manne Albrecht von Wallenstein ein eignes Heer auf, und von
Osten wie von Westen her ergossen sich nun die katholischen Waffen
über das ganze nördliche Deutschland, bis an die Nordsee und an die
Ostsee, ja durch Schleswig bis nach Jütland, und nur das Kattegat
setzte ihrem weitern Vordringen eine Grenze. Da hatte es auch der
Kaiser keinen Hehl mehr, daß er diese ihm selbst unerwartete Fülle
von Macht und Sieg zur Aufrichtung einer solchen Kaiserherrschaft zu
gebrauchen gedenke, wie Deutschland sie seit Jahrhunderten nicht mehr
gesehen, wie Karl V. sie auf dein Höhepunkt seiner Macht kaum einen
Augenblick besessen hatte. Der Papst und die ganze katholische Welt
jauchzte, daß nun die Zeit gekommen sei, wo die ganze abgefallene
Christenheit wieder unter den Gehorsam der Kirche könnte gebracht
werden, und schon erschien das Rest itutio n se d ic t, wonach alle
norddeutschen ehemaligen Bisthümer, Abteien und Stifter der katholi-
schen Kirche sollten zurückgegeben werden (1629).
§. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630—32.
Fragen wir nach dem Grunde all des unsäglichen Mißgeschicks,
welches bis hierher schon über Deutschland hereingebrochen war, so
ist es die völlige Auflösung der deutschen Einheit. Seitdem Katho-
liken und Protestanten sich wieder wie zwei feindliche Heere gegen-
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Christian
von_Anhalt Christian_von_Braunschweig Christian Tilly Christian Oestreich Tilly Albrecht_von_Wallenstein Albrecht Karl_V. Karl_V. Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Halberstadt Mansfeld Baden Mansfeld Deutschland Niedersachsen Baden Mansfeld Main Mansfeld Frankreich Deutschland Nordsee Ostsee Deutschland Deutschland Deutschland
550 Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630-32.
des Papstes, der die Uebermacht des Kaisers gleicherweise zu fürch-
ten beginnt, betritt er den deutschen Boden — das ist kein Religions-
krieg mehr. Auch waren die deutschen Fürsten sich der Gefahr, die
ihnen aus dem Einmischen der Schweden erwuchs, sehr wohl bewußt.
Keiner von ihnen hatte sie gerufen, so trat auch keiner mit ihnen in
Bündniß, als sie nun da waren. Vielmehr hatten sie soeben bei der
Größe der Gefahr, die alle, katholische, wie evangelische, von dem über-
mächtigen Kaiser zu befürchten hatten, bei dem unsäglichen Elend, mit
welchem die kaiserlichen Heere das ganze Land erfüllten, sich noch ein-
mal, man mag sagen, das letzte Mal, geeinigt, hatten den Kaiser
gezwungen, einen Fürstentag nach Regensburg zu berufen, und
waren ihm dort so entschieden entgegengetreten, daß er seinen allge-
mein verhaßten Generalissimus Wal len stein entlassen, das Restitu-
tionsedict wenigstens ausschieben und sein Heer verringern mußte.
Es war vorauszusehen, daß, wenn der Kaiser fortgefahren hätte, den
unumschränkten Herrn zu spielen, sich die ganze Macht der katholi-
schen Liga wider ihn gewendet hätte. Für die deutsche Freiheit war
also ohne die Schweden immer nur wenig zu fürchten, durch die
Schweden Alles. Eine andere Frage aber ist, wie es ohne sie dem
Protestantismus ergangen wäre.
Die ersten Bewegungen Gustav Adolf's in Deutschland waren
nicht glücklich. Während er sich mühsam von Pommern, wo er ge-
landet war (1630), durch Brandenburg hindurcharbeitete, deffen Kur-
fürst ihn als unberufenen Eindringling behanvelte, fiel Magdeburg
in die Gewalt des katholischen Heeres, und die gänzliche Zerstörung
dieser altprotestantischen Stadt mußte wohl ein Jammergeschrei und
Entsetzen durch alle protestantischen Lande erregen. Erst nachdem es
dem Schwedenkönig unter dem Eindruck dieses Ereignisses gelungen
war, außer mehreren kleinen Fürsten auch Brandenburg und Sachsen
zum Anschluß an ihn zu bewegen (die kleineren Fürsten, z. B. die Her-
zöge von Mecklenburg mußten seine Vasallen werden), da entschloß er
sich zu einer entscheidenden Schlacht. In den Ebenen von Leipzig, wo
seitdem so oft noch blutige Schlachten von Fremden auf deutschem Bo-
den geschlagen werden sollten, bei Breitenfeld errang Gustav
Adolf jenen glänzenden Sieg, welcher mit Einem Schlage die kai-
serlich katholische Macht auseinanderwarf und ihm ganz Deutschland
wehrlos in die Hände gab. Durch Thüringen und Franken ging sein
Zug bis an den Rhein. Denn am Rhein und Main gedachte er zu-
nächst die schönsten Gauen zum eignen Besitz sich auszusuchen. Darum
gab er auch dem unglücklichen pfälzischen Kurfürst Friedrich, der
das ganze Elend angestiftet hatte, sein angestammtes Erbe trotz alles
Bittend und Drängens nicht zurück, sondern hielt ihn mit Versprechun-
gen und demüthigenden Bedingungen hin, bis ihn der Tod ereilte.
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf's Gustav Gustav
Adolf Gustav Adolf Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schweden Regensburg Schweden Deutschland Pommern Brandenburg Magdeburg Brandenburg Sachsen Leipzig Breitenfeld Deutschland Rhein Rhein Main
552 Xxiv. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges.
anderes Elend als das des dreißigjährigen Krieges würde dem Umsturz
der deutschen Verfassung und der Untergrabung des deutschen Wesens
gefolgt sein.
§. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges.
Nach Gustav Adolf's Tode hatte sein Kanzler Orenstierna
die politische, der Herzog Bernhard von Weimar die militärische
Leitung der schwedischen Angelegenheiten übernommen. Aber das Ver-
trauen der Protestanten zu den Schweden war dahin. Ein Jeder
wünschte, daß sie doch nur Deutschland wieder verlassen möchten. Beson-
ders nach Wallenstein's Tode, da die Furcht vor den kaiserlichen Heeren
sich minderte und auch der Kaiser friedfertigere Gesinnungen offenbarte,
ward es dem schwedischen Kanzler schwer, die deutschen Fürsten noch
im schwedischen Interesse zusammenzuhalten. Nur die Furcht vor der
schwedischen Kriegsmacht verhinderte noch die förmliche Lossagung der
Deutschen von den Schweden. Als aber die letzteren in der Schlacht
bei Nördlingen durch den Sohn des Kaisers Ferdinand auf's
Haupt geschlagen waren, da schlossen sich die Deutschen sogleich mit
Freuden an den Kaiser an. Kursachsen voran, schlossen sie den
Frieden zu Prag (1635), wodurch der augsburger Religionsfriede be-
stätigt, das Restitutionsedict zurückgenommen und aller Anlaß zu Kla-
gen der Protestanten wider katholische Bedrückungen aus dem Wege
geräumt wurde. Fast ganz Deutschland, auch alle protestantischen
Fürsten und Städte traten diesem Frieden bei. So war also jede
Ursache zur weitern Fortsetzung des Krieges entfernt. Nach 17 lan-
gen Leidensjahren hätte unser Deutschland einer lang ersehnten Ruhe
genießen können, wenn — Schweden und Franzosen nicht gewesen
wären. Die Schweden wären wohl noch aus dem Reiche zu ver-
jagen gewesen; sie waren auch selbst des Krieges müde, und hätten
gern Frieden gehabt, wenn ihnen nur eine erwünschte Entschädigung,
etwa die deutschen Ostseeländer wären eingeräumt worden. Aber
was hätte Frankreich bewegen sollen, seine Kriegspläne aufzugeben?
Bisher hatte dieser Erzfeind des deutschen Namens nur von ferne ge-
standen und voll Freuden das Feuer geschürt, welches Deutschland
verzehrte. Jetzt entschloß er sich, mit eignen Streitkräften in's Feld
zu rücken, um so viel als möglich von dem deutschen Gebiet abzurei-
ßcn und mit Frankreich zu vereinigen. Und schon fand sich unter den
Deutschen selbst ein bethörter Fürst, der um eines schnöden Gewinnes
willen, den man ihm vorspiegelte, sein Vaterland an den welschen
Nachbar verrieth, um dann spater, wie es Verräthern geht, schmäh-
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf's Gustav Bernhard_von_Weimar Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Deutschland Schweden Deutschland Deutschland Schweden Frankreich Deutschland Frankreich
Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630-32. 549
überftanden (seit 1608), war jede Möglichkeit eines einträchtigen Han-
delns zum Heile des Vaterlandes völlig dahin. Da konnte es denn
nicht anders sein, als daß Fremde über die deutschen Grenzen herein-
brachen und die Zwietracht der Deutschen ausbeuteten zu eignem Vor-
theil und zum Verderben des Vaterlandes. Mit herzlichem Wohlge-
fallen sah Frankreich das deutsche Reich in den verderblichsten Bru-
derkrieg verwickelt und säumte nicht, alle Mittel einer falschen und
verrätherischen Staatskunst aufzubieten, um diesen Zustand zu erhal-
ten und zu verschlimmern. Als nun der Kaiser einen so unerwar-
teten Erfolg durch seine Kriegsheere errungen, als die kaiserlichen
Kriegsvölker unter Wal len st ein mit empörendem Uebermuth alle die
vereinzelten, rathlosen, unschlüssigen Fürsten und Städte des obern
wie des niedern Deutschlands bedrückten und verhöhnten, da schien
es Zeit, einen neuen starken und kriegslustigen Feind dem Kaiser ent-
gegenzuwerfen. Es konnte kein anderer sein als der tapfere, großher-
zige König Gustav Adolf von Schweden. Durch seine Feldzüge
gegen Polen hatte er sich bereits einen Namen gemacht. Sein eig-
ner protestantischer Eifer hatte ihn längst getrieben, den bedrängten
Glaubensgenossen in Deutschland zu Hülfe zu kommen. Es ist das
einzige Mal, daß Schweden berufen ward, entscheidend in die Welt-
geschichte einzugreifen. Dieser nördliche Winkel Europa's sollte plötz-
lich hervortreten als Vorkämpfer der auf allen Punkten geschlagenen
oder bedrohten protestantischen Kirche. In demselben Augenblick, als
Spanien, der Hort des Katholicismus, in jene Schwäche und Be-
deutungslosigkeit zurückzusinken anhob, in der es seither verblieben ist,
erhob sich die einzige noch völlig ungeschwächte und in sich einige pro«
testantische Macht, die es noch in Europa gab, und setzte dem immer
weiter vordringenden, in den kühnsten Hoffnungen sich wiegenden Ka-
tholicismus einen unüberschreitbaren Damm entgegen. Was ohne
diese Dazwischenkunft der Schweden in Deutschland geschehen wäre,
wer mag es sagen? Aber verkennen dürfen wir nicht, daß, so heil-
bringend das Eingreifen Gustav Adolf's für die protestantische
Sache geworden ist, so gefährlich, ja schwer bedrohlich es für die
deutsche Freiheit werden mußte. Denn es war ja nicht der reine,
uneigennützige Religionseifer, der ihn nach Deutschland trieb. Es war
zugleich das Streben nach Vergrößerung seiner Macht, seiner Besitzun-
gen, er hat es gar keinen Hehl, daß er in Deutschland festen Fuß zu
fassen, einen Theil der Reichslande zu gewinnen, ja wohl gar den
Kaiser zu stürzen und sich an seine Stelle zu setzen gedenkt. Im
Bunde mit einer katholischen Macht,' ja mit heimlicher Zustimmung
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf_von_Schweden Gustav Adolf Gustav_Adolf's Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Deutschlands Deutschland Schweden Spanien Europa Schweden Deutschland Deutschland Deutschland
Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630-32. 551
Um den letzten Rest des Tilly'schen Heeres zu zerstreuen, mußte der
König vom Rhein nach Bayern ziehen. Auch hier fand er fast keinen
Widerstand. In Augsburg ließ er sich huldigen, in München
hielt er seinen Einzug. Der stolze Kurfürst Maximilian, der kurz
zuvor den Kaiser am meisten gedrängt hatte, den Wall en stein abzu-
setzen und sein Heer zu verkleinern, sah sich jetzt gezwungen, um nicht
sein ganzes Land an den Schwedenkönig zu verlieren, den Kaiser selbst
um Hülfe anzustehen, und zwar durch eben jenen Wall en stein, den
er verdrängt. Der hatte nach seiner Absetzung mit einer unerhörten,
mehr als königlichen Pracht auf seinen Schlössern und Gütern in
Böhmen gehaust, denn die ungeheuren Erpressungen und Räubereien,
mit denen er Deutschland und Dänemark ausgeplündert, hatten ihm
fabelhafte Reichthümer zu Wege gebracht. Als nun der Augenblick
gekommen war, auf welchen der von unsinnigem Ehrgeiz und Selbst-
überhebung verblendete Mann lange geharrt, der Augenblick, da man
ihn suchen, ihn bitten mußte, Oestreich und Bayern durch ein schnell
geschaffenes Heer zu retten, da war es ihm ein Kitzel — zuerst in un-
glaublich kurzer Zeit durch den Zauber seines Namens ein Heer von
400,000 Mann in's Felo zu stellen, dann sich lange und fast flehent-
lich um Uebernahme des Oberbefehls bitten zu lassen und ihn endlich
gegen Gewährung der unverschämtesten Forderungen, die ihn fast zum
Herrn des Kaisers machten, zu übernehmen. Solch ein rasendes Selbst-
vergöttern und Höhnen aller irdischen Autorität mußte ihm bald genug
zum Verderben ausschlagen, zumal da er im Felde nichts Erhebliches
mehr leistete. Zwar die in Böhmen eingedrungenen Sachsen warf
er zurück und zwang den König Gustav Adolf, aus Bayern und
Franken zu weichen, um Sachsen zu retten. Aber in der Schlacht bei
Lützen (1632) ward er zum Rückzug genöthigt und hat sich seitdem in
kleinlichen Unternehmungen, die er immer wieder durch Unterhandlun-
gen mit dem Feinde unterbrach, auf den Grenzen Böhmens, Sachsens
und Schlesiens umhergetrieben, bis sein verrätherisches Treiben offenbar
ward. Er wollte mit dem Feinde sich verbinden und seinen Kaiser be-
kämpfen, aber er stürzte selber in die Grube, die er Anderen bereitete.
In Eger ward er ermordet (1634). Aber auch Gustav Adolf war
nickt mehr; in der Schlacht bei Lützen mitten im Siege war er gefallen.
Sein Tod erregte, wie sich denken läßt, bei den Katholiken ungeheuren
Jubel, bei den Protestanten ungemessenen Jammer. Und auch wir be-
klagen sein frühes Loos und preisen Gott um die Wohlthat, die Er
durch ihn der protestantischen Kirche erzeigt hat. Aber nicht minder
müssen wir Gott danken, daß Er ihn so früh und eben jetzt aus dem
Leben hinweggenommen. Denn wo ist ein deutsches Herz, welches
wünschen könnte, daß Deutschlanv oder auch nur ein Theil Deutsch-
lands eine schwedische Provinz geworden wäre. Und doch wäre das
unausbleiblich geschehen (und ist ja geschehen), wenn Gustav Adolf
länger gelebt hätte. Schon fürchtete er selbst, gegen die protestantischen
Kurfürsten die Waffen ergreifen zu müssen, um sich seine Herrschaft in
Deutschland zu sichern. Wie schnell wäre da aus dem Befreier ein
Bezwinger und Dränger Deutschlands geworden, und ein noch ganz
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Maximilian Maximilian Oestreich Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Bayern Deutschland Sachsen Bayern Sachsen Sachsens Schlesiens Eger Deutschlanv Deutschland Deutschlands